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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Burgtor-Friedhof, Lübeck. Text: Reinhard Reetz

Herausgegeben von der Hansestadt Lübeck. Lübeck 2002, 78 S. und zahlreiche farbige Abbildungen

In Lübeck heißt es, erst wenn eine Familie zwei Generationen auf dem Burgtor-Friedhof bestattet hat, kann sie sich wirklich als "eingesessen" bezeichnen. Mithin gilt der Burgtor-Friedhof als erste sepulkrale Adresse unter Lübecker Bürgerinnen und Bürgern. Eingeweiht im Jahre 1832, wurde er damals als "Allgemeiner Gottesacker" bezeichnet und zählt inzwischen zu den historisch bedeutsamen unter den städtischen Friedhöfen Norddeutschlands. Friedhofsarchitektonisch stammt der in sechs Quartiere (St. Aegidien, Dom, St. Jacobi, St. Petri, St. Marien und Neuer Teil) unterteilte Burgtor-Friedhof aus der Zeit des Übergangs vom einfach strukturierten außerstädtischen Begräbnisplatz der Zeit um 1800 zum Parkfriedhof des späten 19. Jahrhunderts. Im Prinzip rechtwinklig gegliedert, durchziehen bereits einige jener geschlängelten Wege die Anlage, die dem Arsenal des englischen Landschaftsgartens entstammen. Wer in die Welt der alten bürgerlichen Grabstätten eintaucht, wird bald umfangen vom Zauber einer längst vergangenen Epoche - dem bürgerlichen 19. Jahrhundert. Immer wieder trifft man dort Spaziergänger, die vor den Gräbern mit den berühmten Namen der Lübecker Stadtgeschichte verharren (und bisweilen von ihnen erzählen können...): den Manns, Drägers, Possehls, Behns und wie sie alle heißen.

Schmerzlich vermisst wurde bislang ein Führer über den Burgtor-Friedhof. Diesem betrüblichen Mangel ist abgeholfen - seit kurzem ist ein von Reinhard Reetz verfasster und der Stadt Lübeck herausgegebener handlicher und preiswerter Führer auf dem Markt. Neben einer knappen historischen Einführung umfasst er vor allem eine ausführliche Würdigung der bedeutenden Grabstätten. Über die Genannten hinaus sei exemplarisch auf Ida Boy-Ed verwiesen, die Ende des 19. Jahrhunderts eine führende Rolle im kulturellen Lübeck spielte und Vorkämpferin für die Emanzipation der Frauen war. Überregional bekannt sind auch der Maler Julius Milde und der Schriftsteller Emanuel Geibel. Wie viele weitere, werden sie mit Lebensdaten und -weg, häufig auch mit farbiger Abbildung ihrer Grabstätte, in diesem Führer präsentiert (dem ein praktischer Überblicksplan beigefügt wurde). So viele Fragen der spiralgeheftete Band beantwortet, so rätselhaft bleibt allerdings, warum auf S. 34 bei der Grabstätte Gerhard Gaul eine Textpassage nachträglich überklebt werden musste...

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Grabmalvorschriften (Februar 2003).
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