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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Exkursion nach Budapest 26.–30.9.2013

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 123, IV, 2013 - November 2013

Mitglieder und Freunde des Förderkreises, insgesamt 25 an der Zahl, starteten am Donnerstag, dem 26. September 2013, zu der Fach-Exkursion mit dem bisher weitesten Reiseziel, der ungarischen Hauptstadt Budapest. Abflug in Hamburg-Fuhlsbüttel um 14.50 Uhr mit Lufthansaflug LH 3026. Das insgesamt fünftägige Besichtigungsprogramm, von Dr. Reinhard Behrens erstklassig geplant und organisiert, umfasste die wichtigsten Friedhöfe und zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ein Spaziergang am Abend des ersten Tages führte bei angenehm milder Witterung zum Donau-Ufer mit der prächtig beleuchteten Ansicht des Budaer Burgviertels.

Exkursionsteilnehmer
Die 25 Exkursionsteilnehmer vor dem Bestattungsmuseum auf dem Kerepesi-Friedhof. Foto: R. Behrens

Am Freitagvormittag standen der Kerepesi-Friedhof und das dortige Friedhofsmuseum auf dem Programm. Deutschsprachige Erläuterungen erhielten die Besucher dort in Form fotokopierter Blätter und zusätzlich mehr schlecht als recht vorgelesen von der nur über geringe deutsche Sprachkenntnisse verfügenden Gästeführerin Frau Rita. Aber es gab wirklich Erstaunliches zu sehen: Gewaltige Mausoleen von wichtigen ungarischen Staatsmännern, wie Lajos Kossuth, Führer des Aufstands von 1848/49 und Ferenc Deák, Architekt des Ausgleichs mit Österreich von 1867, dann die einzeln liegenden Grabstätten von Persönlichkeiten der jüngeren ungarischen Geschichte wie János Kádár, Generalsekretär der ungarischen Kommunisten von 1957 bis 1989 oder Gyula Horn, seinerzeit ungarischer Außenminister, der 1989 durch das mutige Öffnen des Grenzzauns vielen DDR-Bürgern das Entkommen in den Westen ermöglichte.

Auf dem Gellértberg
Die Exkursionsteilnehmer lauschen den Erläuterungen des Gästeführers Ferenc Drescher am Aussichtspunkt auf dem Gellértberg mit Blick auf die Stadtteile Buda und Pest an der Donau. Foto: P. Schulze

Eine Stadtrundfahrt im Bus führte am Sonnabend zu touristisch interessanten Plätzen der Stadt. Ferenc Drescher, ein gut gelaunter deutschsprachiger Stadtführer, Geschichtslehrer von Beruf, erläuterte kompetent, gut verständlich und oft mit kleinen Anekdoten gewürzt alle Sehenswürdigkeiten, z.B. die zahlreichen Statuen ungarischer Herrscher am Heldenplatz. Nach einer kurzen Besichtigung des Stephansdoms folgte eine deutschsprachige Führung durch das Parlamentsgebäude, gebaut 1884 bis 1902, weltbekannt vor allem durch seine imposante neogotische Fassade am Donau-Ufer. Den Abschluss dieses besichtigungsreichen Tages bildete ein Besuch in der Staatsoper. In dem Ballett "Giselle" nach der Musik von Adolphe Adam spielt eine Grabstätte eine wichtige Rolle: Die Titelheldin steigt nach ihren Tode noch einmal aus ihrem Grab empor und verschwindet zum Schluss wieder winkend in der Tiefe des Grabes. Stand das Stück etwa auf dem Spielplan, weil eine Gruppe von Friedhofsexperten aus Deutschland zu Besuch war?

Am Sonntag, dem 29. September, führte eine Busfahrt mit deutschsprachiger Reiseleitung zu dem weit außerhalb des Stadtzentrums liegenden jüdischen Friedhof von 1893 und dem daneben liegenden Städtischen Friedhof, der 1886 angelegt wurde. Das auffallendste Grabmal auf dem jüdischen Friedhof ist das Grab der Familie Schmidl, ein kleines Mausoleum, 1903 vollständig aus türkisfarbenen Keramiksteinen erbaut, ein Highlight des ungarischen Jugendstils. Auf dem riesigen Areal des Städtischen Friedhofs werden die Besucher wieder einmal mit dem Gedenken an die neuere Geschichte Ungarns konfrontiert. Am äußersten Ende des insgesamt 30 Quadratkilometer großen Friedhofsgeländes befinden sich in den Parzellen 300 und 301 die Gemeinschaftsgräber der Helden des Aufstands von 1956, darunter die Gräber von Imre Nagy und Pál Maléter, die beide zwei Jahre nach dem Aufstand als Aufwiegler verurteilt und hingerichtet wurden.

Die Weiterfahrt mit dem Bus zu den nächsten Zielen wurde gegen Mittag unvermutet und plötzlich unterbrochen, weil dem Bus der Treibstoff ausgegangen war. Der Fahrer verschwand auf der Suche nach der nächsten Tankstelle. Die Reiseteilnehmer stiegen aus in einer Gegend, die keine Gräber enthielt, sondern nur aus Steppe, Wiese und Gebüsch bestand. Doch es gab keine Panik. Es spricht für den Gleichmut und die Gelassenheit der Reisegruppe, dass alle geduldig warteten, bis der Fahrer mit circa 20 Litern Diesel zurückkam und den Bus damit wieder auftankte. Das nächste Ziel war das Holocaust-Museum von Budapest, und daran anschließend brachte der Busfahrer einen Teil der Gruppe zur großen Budapester Synagoge und einen anderen Teil zur Entspannung in das berühmte Café New York mit seiner neobarocken Innenausstattung.

Imre-Nagy-Denkmal
Imre-Nagy-Denkmal und Parlamentsgebäude. Foto: J. Stieghorst

Montag, der 30. September, war leider schon wieder der Abreisetag. Die meisten Teilnehmer nutzten den Vormittag noch für Stadtbesichtigungen in Eigenregie, wie der Erkundung des Burgviertels im Stadtteil Buda. Um 14.30 Uhr startete genau nach Plan der Bustransfer zum Flugplatz Budapest. Um 18.40 Uhr landete der Lufthansaflug LH 3027 wieder in Hamburg. Zum Schluss herzliche Verabschiedung und vielmalige Danksagung an Dr. Reinhard Behrens und seine Frau für die gute Organisation dieser einzigartigen Exkursion.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Grabmale - restaurieren und präsentieren (November 2013).
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