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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Tag des offenen Denkmals – Führung durch Kapellen des Ohlsdorfer Friedhofs

Zum ersten Male war es an dem strahlenden Spätsommer-Sonntag, 9. 9. 2007, im Rahmen des "Tages des offenen Denkmals" möglich, fünf jeweils zeittypische Kapellen von insgesamt dreizehn öffentlich zu zeigen, wobei die Feierhalle B mit einbezogen war.

Das helle Sonnenlicht des Vormittags spielte eine große Rolle, denn die Buntglasfenster schillerten, und die Farben der Innenräume erstrahlten hell und versöhnlich in den Trauerräumen.

Während der Begriff Kirche (griech. kyriakón) ein Gotteshaus für den christlichen Gottesdienst bedeutet, leitet sich Kapelle vom lateinischen Wort für "kleiner Mantel" ab und ist ursprünglich ein Aufbewahrungsraum für Reliquien, in dem die Wände sozusagen das Heiligtum mantelartig umschließen. Im Laufe der Geschichte kam es zu einem Begriffswandel. Kapellen sind Sakralräume für Heiligenfiguren, aber auch für Taufen oder Tote.

Kapelle 3
Tag des offenen Denkmals 2007: Dr. Hans-Jörg Mauss vom Förderkreis erläutert Besonderheiten der Kapelle 3 auf dem Ohlsdorfer Friedhof (Foto: Schulze)

Der für die Führung zur Verfügung gestellte Bus war mit 50 Personen voll besetzt. Wir fuhren zuerst zur Feierhalle B des Fritz-Schumacher-Krematoriums. Die große Mittelhalle – künftig der Mittelpunkt eines modernen Bestattungsforums – beeindruckte sofort durch die hohe Bogenform der Betonrippen, die meisterhaften Buntglasfenster von Bossanyi und die Keramikplastiken von Kuöhl. Die in der inneren und äußeren Ausstattung aufwändigste Kapelle von Wilhelm Cordes ist das heutige Kolumbarium, Kapelle 8. Dieser Feierraum hat durch die vielen Urnen den unmittelbarsten Bezug zum Tod. Man spürt bei den Gästen sofort die Ergriffenheit. Mag man sich lustig machen über die kleinen Puttos an Wand und Erkern – sie strahlen dennoch Ruhe und Hoffnung aus.

Vom Cordesteil bringt uns der Bus in den Linne-Abschnitt. Das unmittelbare Nacheinander der prächtigen Kapelle 8 von 1912 und der schlichten, im Heimatstil mit Fachwerk gefügten "Zwölf" lässt die Besucher erst stutzen. Aber die Sonne dieses Tages bringt die Leuchtkraft des Sternenhimmels an der Holzdecke voll zur Geltung. So haben beide Bauten ihren Reiz. Die Formensprache von Fritz Schumacher begegnet uns noch einmal in Kapelle 13. Der Zentralbau von 1929 ist rhythmisiert durch Backsteinflächen und Fensterfronten. Im Innern entfaltet sich die volle Kraft im Mittelpunkt des Rundes, wenn dort ein Sarg steht und die Trauergemeinde fast im Kreis um ihn sitzt. Alle sind dem Toten dann praktisch gleich nah. Auf der Rückfahrt noch einmal zu einer Cordeskapelle von 1894. Das Post-Barocke der Kapelle 3 mit Glockentürmchen, Schieferdach und Fachwerk erzeugt ein verspieltes Äußeres, das dennoch durch die große Dachfläche eine behütende Würde behält. Zum ersten Male seit 18 Jahren Führungen wurde diese Sonderschau möglich. Sie war ein voller Erfolg und sollte schneller wieder durchgeführt werden.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Der Bildhauer Arthur Bock (November 2007).
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