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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Gruft von Menkin (Brandenburg, Landkreis Uckermark)

Die aus Feldsteinquadern errichtete einschiffige Kirche aus dem 13. Jahrhundert besitzt an der nördlichen Seite einen etwa 6,5 x knapp 5 Meter messenden zweigeschossigen Logenanbau, der im unteren Geschoss Platz für Erbbegräbnisse bot.

Dieser wurde im Jahre 1637 von Adam von Winterfeld und seiner Gattin Anna von Roebel für die Beisetzung ihrer Angehörigen errichtet. Bei einer Begehung der Kirche und der Gruft im Herbst 2005 stellten sich der Gruftraum und insbesondere die Särge in einem schlechten Zustand dar (Abb. 1). Eine Instandsetzung wurde geplant, doch fehlten bisher die Gelder dazu.

Abb. 1
Abb. 1: Blick in den westlichen Bereich der Gruft im Herbst 2005

Ursprünglich war die Durchführung einer umfassenden, interdisziplinär angelegten wissenschaftlichen Untersuchung der Särge und deren Inhalte unter Einbeziehung genealogischer Aspekte angedacht, die die Identifizierung der Verstorbenen zum Ziel haben sollte. Trotz zahlreicher Fördermittel konnte dann erstmal nur eine Dokumentation der Särge im Rahmen der Instandsetzung des Gruftraumes, also eine reine Bestandsaufnahme erfolgen. Eine wissenschaftliche Auswertung steht noch aus.

Da der Gruftraum für die bauliche Instandsetzung frei geräumt werden sollte, wurden die zuvor nummerierten Särge durch Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens – soweit möglich – nach außen vor den Eingang zur Kirche geschafft und vorsichtig gesäubert. Die außerhalb der Kirche erfolgte Dokumentation jeden einzelnen Sarges beinhaltete eine Beschreibung und ausführliche Fotodokumentation nach den Richtlinien der Baudenkmalpflege. Nach der Dokumentation wurden die Särge in das Kircheninnere verbracht und mit Folien gut abgedeckt, wo sie bis Abschluss der Instandsetzungsarbeiten verblieben. Als diese abgeschlossen waren, sind die Särge wieder in den Gruftraum zurückgestellt worden. Um für eine gute Belüftung der Särge von allen Seiten zu sorgen und einem weiteren Verfall entgegenzuwirken, wurde der Gruftboden mit einem Holzrost ausgestattet (Abb. 2).

Abb. 2
Abb. 2: Blick in den westlichen Bereich der Gruft nach erfolgter Instandsetzung

Die Gruft beherbergt heute 15 Särge, genauso viele wie bei der Bestandsaufnahme zu Beginn des 20. Jahrhunderts . Dieser entnehmen wir, dass im Jahre 1900 seitens der Winterfeldschen Familie eine gründliche Ordnung und Reinigung der Gruft vorgenommen wurde. Das Herzstück der Anlage bildet der Zinnsarg des Adam von Winterfeld, der wie alle übrigen Särge gewaltsam aufgebrochen, stark beschädigt und "etwaiger Kostbarkeiten" beraubt war. Seine Restaurierung wurde in Berlin vorgenommen. Alle anderen Särge sind aus Holz, wobei einige reich beschlagene Eichensärge aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als die letzten in die Gruft verbrachten erkannt wurden. Es handelt sich bei allen Särgen um Dachtruhensärge, die im Wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert stammen. Jeder Sarg wurde individuell für den Verstorbenen angefertigt, wie u. a. die unterschiedlichen Maße zeigen. Die Särge sind sehr individuell und aufwendig gestaltet. Auffällig sind die teilweise sehr kunstvollen Bemalungen der Außensärge.

Die Ausstattung der Särge wie der Leichname ist üppig und ebenfalls sehr individuell und im Detail aufwendig. In den recht gut erhaltenen Inhalten der Särge finden sich Sargbespannungen aus Tuch, Füllmaterial aus Hobelspänen (auch Stroh oder Hopfenblüten) und Kissen. Die Verstorbenen sind durchgängig bekleidet. Die Kopfbedeckungen der Kinder beispielsweise bestanden aus feinen Häubchen. Während die in der Kirche hängenden Totenkronenbretter bereits Gegenstand volkskundlicher Untersuchungen war, ließen sich die Kronen nun auch in den Kindersärgen der Gruft nachweisen. In den Särgen 11, 12 und 13 waren auf den Hauben der Kinder Fragmente von eisernen Kronenreifen sichtbar. Der mit Stecknadeln fixierte Kronenschmuck war im Laufe der Zeit teils in die Kopfkissen eingesunken, teils vergangen. Darüber hinaus wurden in Sarg 13 Eierschalen und in Sarg 12 ein großer Kamm beobachtet. Die Toten selbst sind überwiegend gut und vollständig mumifiziert (soweit erkennbar), was mit der stetigen Durchlüftung des Gruftraumes zusammenhängt.

Aus der gedruckten Familiengeschichte sind die in Frage kommenden Mitglieder der Familie bekannt, sodass sie – von einem überschaubaren Personenkreis ausgehend – den einzelnen Särgen zugewiesen werden könnten. Voraussetzung dafür ist eine eindeutige Erfassung jeder Person in den zur Verfügung stehenden Quellen (Kirchenbücher, Testamente, Akten sowie Urkunden). In Ermangelung dieser müssen auch manchmal Umkehrschlüsse gezogen werden, wenn z. B. Kirchenbücher aus anderen Orten bezeugen, dass jemand dort beigesetzt wurde. Als Beispiel diene hier die Frau des Adam von Winterfeld, Anna von Roebel, die in der Familiengruft ihres Vaters Valentin von Roebel in der Marienkirche zu Berlin beigesetzt wurde.

Mit Hilfe der Kunstgeschichte können die Särge stilistisch zugeordnet und datiert werden. Über eine archäologische Untersuchung der Inhalte – der verwendeten Stoffe, der Kleidung oder eventueller Beigaben – ist eine zeitliche Einordnung der Bestattung möglich. Anthropologische Angaben, wie Geschlecht und Sterbealter des Verstorbenen, sowie etwaiger Krankheiten tragen wesentlich zur Identifizierung bei. Durch die Instandsetzung des Gruftraumes konnte das Inventar gesichert werden, doch wäre eine genauere Untersuchung äußerst lohnend. In der Gruft zu Menkin liegt insgesamt ein homogenes Ensemble von Särgen vor, das ein sehr interessantes und schützenswertes Kleinod adliger Bestattungskultur im ländlichen Bereich darstellt.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Neuzeitliche Gruftanlagen (November 2009).
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