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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Tierfriedhöfe in Frankreich - Ein Paradies bei Cognac

Wer sich über die französische Art der Tierbestattung erkundigen möchte, muss dazu nicht extra nach Frankreich reisen: Für den Einstieg leistet auch hier das Internet gute Dienste.

Gibt man beispielweise den französischen Doppelbegriff „cimetière animalier“ – Tierfriedhof – ein, liefern Suchmaschinen wie Google wertvolle Informationen. Dabei stößt man etwa auf den ältesten Tierfriedhof Frankreichs in Asnières bei Paris, oder auf die Geschichte des berühmten Hundes Barry, der vielen Menschen das Leben rettete... Im Internet erfährt man auch, welche Möglichkeiten überhaupt nach dem Tod eines Lieblingstiers in Frankreich bestehen – Erdbestattung, Feuerbestattung, Ausstopfen – und bekommt dazu nützliche Angaben über Tierfeuerbestattungsstellen und Tierfriedhöfe. Mit Glück kann es im Land selbst leicht passieren, dass man mitten auf freiem Feld unerwartet auf einen kleinen Tierfriedhof stößt...

I

Der bekannteste und älteste Tierfriedhof in Frankreich wurde 1899 gegründet. Er liegt einige Minuten von Paris entfernt in Asnières auf einer der schönsten Inseln der Seine (l’île des Ravageurs) und ist mit seinem ansehnlichen Eingangstor seit 1987 unter Denkmalschutz gestellt worden. Bis zu seiner Gründung gab es keine andere legale Möglichkeit, ein totes Tier loszuwerden, als es zum Abdecker zu schicken. Wem dies widerstrebte oder wer das Gesetz nicht kannte, gab den Kadaver den Müllleuten – was eigentlich strafbar war – oder warf ihn einfach in die Seine bzw. in die Verteidigungsgräben; die Verwesung verdarb das Wasser und verpestete die Luft, das Herausfischen und Entsorgen verursachte der Stadt Paris jährlich erhebliche Kosten. Die Gründung dieses ersten Friedhofs war also nicht allein ein „sentimentaler“ Akt, sondern eine höchstnotwendige Maßnahme für die Hygiene der Hauptstadt!

Ein vom 4. Juli 2004 datierter Bericht zählt heute dreizehn Tierfriedhöfe in Frankreich, eine andere Quelle bei Wanadoo listet ihrerseits 20 Adressen auf – ohne die wohl zahlreichen privaten Friedhöfe zu erwähnen, die nicht im Internet stehen. Die Kosten hängen von der Tiergröße, vom Standort und von der Berühmtheit des Tierfriedhofs ab. In der Pariser Gegend gibt es zum Beispiel zwei Friedhöfe mit sehr unterschiedlichen Preisen. Im schon erwähnten Asnières kostet eine Erdbestattung zwischen 800 und 2000 Franc (Angaben von 1999, etwa 100 bis 250 Euro), ein Begräbnisplatz 25 Euro jährlich, ein Sarg 50 Euro und ein Grabmal mindestens 20 Euro. Falls der Tierbesitzer ein Grundstück zur Verfügung hat, ist eine private Erdbestattung auch möglich – solange bestimmte Regeln des Landgesetzbuches eingehalten werden (Höchstgewicht 40 Kilo, mindestens 35 m Abstand von Häusern, Brunnen oder Quellen, mindestens ein Meter Tiefe); außerdem muss die Tierleiche mit Kalk bedeckt und müssen alle notwendigen Maßnahmen gegen wilde Tiere ergriffen werden.

Zunehmend verbreitet sich eine zweite Möglichkeit, die der Feuerbestattung: Wanadoo listet in Frankreich 37 Adressen von Zentren auf – fast doppelt so viele wie die der Tierfriedhöfe. In der Pariser Gegend gelten zweierlei Preiskategorien, je nachdem ob die Einäscherung der Tierleiche einzeln oder kollektiv stattfindet. Dort gestalten sich die Kosten von 25 bis 110 Euro je nach Größe und verdoppeln sich bei einer individuellen Feuerbestattung.

Das Ausstopfen des Tierbalgs, die dritte Lösung, ist bei weitem die teuerste. Das tote Tier muss innerhalb von 48 Stunden beim Fachmann angekommen sein. Die Lieferungsfrist dauert dann drei bis sechs Monaten je nach Körpergröße, entsprechend staffeln sich auch die Kosten (von 300 bis 900 Euro). Auch der besagte „Barry du Grand Saint-Bernard“ wurde ausgestopft: Er gehörte Mönchen in den Alpen und war für seine Begabung, im Schnee verirrte Reisende zu bergen, berühmt geworden. Als er 1814 starb, hatte er 40 Menschenleben gerettet. Noch heute ist er im Museum von Bern zu sehen; darüber hinaus steht ein Denkmal am Eingang des dortigen Hundefriedhofs, wo er mit einem Kind auf dem Rücken dargestellt wird.

II

Etwa auf halber Strecke zwischen den Städten Cognac und Angoulême, mitten in den berühmten französischen Weinbergen des Départements Charente, liegt ein kleiner Tierfriedhof. Bei einer kleinen Kreuzung zweier Landstraßen stößt man auf einen ersten Hinweis, bald auf ein großes selbstgebasteltes Schild mit einer Telefonnummer und drei Worten: „Paradis Chiens Chats“. Auf einer richtigen Tafel am Eingang stehen dann unter „Paradies Hunde und Katzen“ weitere Angaben: „Marmorarbeit – Beerdigungsinstitut“ mit Namen und Anschrift des Unternehmers; gleich daneben, ein weiteres Schild mit der Bitte um respektvolles Verhalten am Ort sowie die erlaubten Höchstmaße der Begräbnisplätze „für unsere Freunde“ (Hund: 80 x 60 cm, Katze: 60 x 45 cm).

Werbetafel
Werbetafel für das "Hunde- und Katzenparadies" (Foto: Behrens)

Der etwa 1000 m2 große Friedhof wurde 1989 als Nebentätigkeit eines Bestattungsunternehmens in dem benachbarten Ort Rouillac gegründet. Nach dem Tod des ersten Besitzers kaufte sein Nachfolger M. Machet vor drei Jahren gleich ein zweites Feld der selben Größe dazu – als Erweiterungsmöglichkeit. Für beide Flächen wurde je zuvor eine offizielle Genehmigung benötigt, die eine Untersuchung der Grundstücke wegen möglicher Verseuchungsgefahr der Gewässer voraussetzte.

Jeder Begräbnisplatz kann höchstens mit drei Katzen bzw. zwei Hunden belegt werden. Der Tierbesitzer schließt für die Dienstleistungen (Sarg, Erdarbeiten, Bestattung) einen verlängerbaren Pauschalvertrag für fünf Jahre ab. Die Preise hängen von der Tiergröße ab: 92 Euro für die Erdbestattung einer Katze und 107, 130 oder 155 Euro für die eines kleinen, mittleren oder großen Hundes; die Verlängerung dieses Vertrags für fünf Jahre beträgt 31 bzw. 38 Euro, die jährlichen Pflegekosten 23 Euro (Preise für 2004). Für eine gemauerte Gruft gilt der Vertrag für 30 Jahre und beträgt 443 Euro bzw. 565 Euro je nach Größe; hinzu kommt die Bestattung mit Sarg, die sich entsprechend von 62, 69, 90 bis 112 Euro staffelt.

Haustiergrab
Haustiergrab (Foto: Behrens)

Der Tierfriedhof wirkt gut strukturiert und gepflegt, mit z. Z. neun Alleen und 25 Begräbnisplätzen pro Allee. Eigentlich sieht er einem „normalen“ Friedhof sehr ähnlich. Nur eine wichtige Ausnahme unterscheidet ihn – hier sind Kreuze verboten! Auch das Pflanzen von Bäumen ist nicht erlaubt. Ansonsten sieht man dort wie überall in Frankreich unzählige Erinnerungstäfelchen und Portraits von den Lieblingen, künstliche Blumen, sogar Gummispielzeuge. Nicht nur Hunde und Katzen dürfen in dieses Paradies, das allen kleinen Haustieren (also keinen Pferden) gilt – man findet dort auch einen Papagei, zwei Kaninchen oder einen Hamster. Die größte Zahl aber bilden Katzen und vorwiegend Hunde. Ob nur mit Erde und schlichter Kunststoff- bzw. Holzumrandung oder mit Marmorplatte: Hier wird oft mit einem Photo oder einem eingemeißelten Bild an Pyram, Micky, Buck, Homer und Black, Praline, Tania, Flicka und Ketty würdig erinnert – und sogar bei der Katze Berlioz mit einem vom Tierliebhaber selbst geschaffenen Katzenkopf aus Stein.

Grabmal Berlioz
Grabmal Berlioz (Foto: Behrens)

Die Kundschaft rekrutiert sich auch ohne Homepage bis weit über die Grenzen des Départements hinaus und reicht sogar bis nach Paris – allein durch Empfehlungen von Tierärzten und Mundpropaganda, oder gelegentlich auch weil die Tierbesitzer aus der Gegend stammen bzw. dort zeitweilig gelebt haben. Mit durchschnittlich 15 bis 20 Bestattungen jährlich (so in den letzten drei Jahren), bleibt diese Tätigkeit aber nur ein zusätzlicher Nebenerwerb für das pensionierte Ehepaar Machet. Oder sollte man nicht besser gleich von einer Leidenschaft sprechen, die sogar honoriert wird?

Quellen:
www.casediscute.com/2003/043_animaux/dossier/dossier_04.shtml
www.chiens-des-champs.com/cimetiere.htm
www.chiens-des-champs.com/barry.htm
www.france-bouledogue.com/pratiques/cimetieres.php
perso.wanadoo.fr/soutienperteanimaldomestique/texte1c.htm
perso.wanadoo.fr/soutienperteanimaldomestique/texte1d.htm
Persönliches Interview mit M. und Mme Machet per Telefon und Fax von Hamburg aus.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Tier und Tod (Februar 2005).
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