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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

"Das Lebensende und ich" von Steffen Eychmüller/Sibylle Felber

Das Buch von Steffen Eychmüller und Sibylle Felber soll "Anregungen für einen leichteren Umgang mit der Endlichkeit" bieten. Daher ist es kein Buch für Menschen nach oder in Verlustsituationen. Der Ansatz umfasst eine Art "Trockenübung" für das Sterben und das Lebensende. Folgerichtig leiten der Palliativmediziner Steffen Eychmüller und die Gesundheitskommunikationswissenschaftlerin Sibylle Felber ihr Anregungs-, Lese- und Arbeitsbuch "Das Lebensende und ich" ein mit den Worten:
"Das Lebensende ist so viel mehr als zu sterben."


So wie die Geburt ist auch das Lebensende sowohl Einzelschicksal als auch soziales Ereignis. Die Überschrift der Einführung ist programmatisch: "Es gibt kein Fundbüro für verpasste Chancen." Damit laden sie pointiert, heiter, nachdenklich und auch provozierend die Leser:innen ein, Gefühle wahrzunehmen, Fakten zur Kenntnis zu nehmen, Bilder zu betrachten, philosophischen Gedanken nachzuhängen sowie in Filme und Bücher einzutauchen. Die beiden Autor:innen lassen den Leser teilhaben an Erfahrungen, Gedanken und Überlegungen derer, "die wissen müssen, was es heißt am Lebensende zu sein", "direkt" und/oder "indirekt" Betroffene, seien es Kranke, Angehörige oder Begleitende. Steffen Eychmüller und Sibylle Felber lassen die Lesenden nicht allein, sondern beantworten Fragen, auf die es verlässliche Antworten gibt, teils konkret, teils mit Hinweisen zu weiteren Informationen und entsprechenden Quellen. "Was kann man der Angst vor dem Leiden entgegensetzen? Lassen sich das Lebensende und der Moment des Todes vorhersagen? Welche Bücher, Filme, Websites helfen einem weiter oder ermöglichen einen Zugang zu diesem schweren Thema? Gibt es "falsches" Trauern, und wieso sollte man Beerdigungen besuchen?" Vertraut mit dem Lebensende anderer, stellen sie die Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt: "Warum nur haben wir solche Angst vor dem Sterben, wo es doch Milliarden vor uns auch schon getan haben?" Bemerkenswert ist auch die Haptik des Buches: Die Seiten sind fester und dicker als gewöhnlich. Die klare Gliederung erfolgt sowohl mit unterschiedlichen Schriftgrößen als auch Farben. Jedes der drei großen Kapitel ist durch eine violette Seite gekennzeichnet, auf der die jeweils behandelte zentrale Frage zu finden ist. Untertitel sind violett gedruckt. Steffen Eychmüller und Sibylle Felber nähern sich dem Thema zunächst eher allgemein. Im ersten Kapitel geht es um die Frage: "Warum haben wir solche Angst vor dem Sterben". Das zweite Kapitel umkreist die Frage: "Was kommt am Lebensende auf mich zu?" Das Buch mündet in das dritte abschließende Kapitel, in dem es um persönlichen Ressourcen geht: "Was kann ich selbst gegen die Angst tun?" Das Buch hat einen eigenen Rhythmus. Wenig Text auf jeder Seite verlangsamt das Lesen. Die Lesenden werden ermutigt, sich Zeit zu nehmen, das Buch im eigenen Tempo und mit der eigenen Systematik zu nutzen. Es ist möglich, das Buch seitenweise durchzugehen, aber auch zu springen, von hinten nach vorne oder von vorne nach hinten. Auch das Festhalten der eigenen Gedanken ist in diesem Buch möglich - denn der Dialog ist erwünscht. Es ist den beiden Autor:innen ein Anliegen dass dieses Buch sowohl fortgeschrieben als auch individualisiert werden kann und soll.

Steffen Eychmüller/Sibylle Felber: Das Lebensende und ich, Bern 2022, 128 Seiten

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Schiffbrüche und Erinnerungsorte (September 2023).
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