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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Xaver Arnold und Bruno Kruse - Zwei Hamburger Bildhauer

Autor/in: H. Boysen
Ausgabe Nr. 159, IV, 2022 - Januar 2023

Xaver Arnold und Bruno Kruse sind zwei Bildhauer, die mit einer Reihe von Grabmalplastiken auf dem Ohlsdorfer Friedhof vertreten sind. Der Name Xaver Arnold war bis vor kurzem in der Öffentlichkeit noch nicht so bekannt. Das hat sich geändert, als vor zwei Jahren das von Xaver Arnold 1899 gestaltete Grabmal auf der Grabstätte der Familie Breuer an der Kapellenstraße zum Patenschaftsgrabmal für den bekannten Schauspieler Jan Fedder wurde. Das Grabmal stellt eine Trauernde am Fuß eines Kreuzes dar (Abb. 1).


Trauernde von Xaver Arnold am Patenschaftsgrab für Jan Fedder, ehemals Breuer (1)

Der Schweizer Bildhauer Xaver Arnold wurde am 17. Februar 1848 in Sursee im Kanton Luzern geboren. Er war Lehrling bei dem im Ort ansässigen Bildhauer Franz Sales Anlehn. Nach der Lehre ging er auf Wanderschaft, lernte Holzschnitzerei, absolvierte eine Technik-Ausbildung und studierte an der Kunstakademie Wien und an der Akademie der bildenden Künste in München Bildhauerei, bis er freischaffender Bildhauer in Hamburg wurde. Das war um 1895. Er wurde ein guter Freund des Ohlsdorfer Friedhofsdirektors Friedrich Wilhelm Cordes. Sein Atelier befand sich in der Hammerbrookstraße 15. Er war auch Mitglied des Hamburger Künstlervereins.

Das Grabmal Breuer - jetzt Fed-der - hat eine interessante Geschichte. Die Familie war eine reiche Hamburger Kaufmannsfamilie. Das Familienoberhaupt Heinrich Breuer stammte aus Buxtehude. Er gründete in Hamburg eine Kaffeehandelsfirma, als Kaffee zum Massenprodukt wurde. Hamburg war der bedeutendste europäische Importhafen für Kaffee aus Südamerika, insbesondere aus Venezuela. Im Jahr 1860 wurde Heinrich Breuer Teilhaber der Firma Minlos, Breuer und Co. in Maracaibo. Ab 1866 war er dort Königlich Preussischer Konsul.

Xaver Arnold war an der Gestaltung mehrerer anderer Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof beteiligt - insgesamt sollen es an die 20 gewesen sein. Zwischen 1903 und 1904 arbeitete er zusammen mit dem Friedhofsdirektor und Architekten Cordes an der Herstellung der predigenden Christusfigur auf dem Hamburger Gedächtnisfriedhof (Abb. 2). Die vier Meter hohe Statue aus weißem Marmor wurde 1905 eingeweiht. Sie ist zur Visitenkarte des Friedhofs geworden und dürfte die meistbeachtete Statue des Friedhofs sein. Sie war ein Geschenk von Friedrich Wencke (1842-1905), einem deutschen Schiffbauunternehmer und Reeder, der ursprünglich aus Bremen kam.


Christusstatue am Althamburgischen Gedächtnisfriedhof (2)

Das Grab von Friedrich Wencke befindet sich in der Nähe der Waldstraße. Das Grabdenkmal wurde 1905 von Xaver Arnold und dem Architekten Cordes gestaltet. Friedrich Wenckes Vater hatte 1851 auf Hamburger Staatsgebiet, nämlich der Elbinsel Steinwärder, ein Trockendock errichtet. Seine Söhne Friedrich und Heinrich erbten den Werftbetrieb und waren dann auch als Reeder tätig. Als im Jahr 1901 die Stadt den Pachtvertrag für das Trockendock nicht unverändert verlängern wollte, haben die Wencke-Brüder es einfach zugeschüttet. Friedrich Wencke führte die Firma bis zu seinem Tod und verfügte testamentarisch, dass die Firma nach seinem Tod aufgelöst werden sollte. Er war Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Sein großes Jugendstilgrab (Abb. 3) besteht aus rotem Sandstein, der mit einer großen Reliefplatte ausgeschmückt ist.


Grabmal für den Reeder Friedrich Wencke (1842-1905) (3)

Besonders auffallend ist das ebenfalls im Jahr 1905 von Xaver Arnold gestaltete monumentale Grabmal für den Maurermeister und Bauunternehmer Paul Eckler (1847-1915), das sich oberhalb der Cordesallee befindet (Abb. 4). Es ist sechs Meter hoch und besteht aus Granit, Sandstein, Reliefplatten und Mosaiken. Paul Eckler ließ es schon zu seinen Lebzeiten bauen. Das Relief am Sockel zeigt sein Portträt. Seine Firma war am Bau des Hamburger Rathauses beteiligt. Seine Familie wollte nach ihrer Auswanderung das Grab nach Südafrika transportieren lassen. Das hat nicht geklappt. Es musste in Hamburg bleiben, wurde zu einem Kulturdenkmal und als prägendes Grabmal für seine Zeit erklärt.


Grabmal für den Bauunternehmer Paul Eckler (1847-1915) (4)

Xaver Arnold ist am 14. August 1929 in Hamburg gestorben. Sein eigener Grabstein wurde von ihm so ganz anders gestaltet. Er hat die Form einer Halbstatue, wirkt sehr edel und bescheiden. Das Grab - auch für seine Frau - befindet sich in der Nähe von Kapelle 4 und auf der von ihm im Jahr 1913 mitgestalteten Schweizer Begräbnisstätte. Es ist eine trauernde Frau dargestellt, die ihr Gesicht mit der Hand bedeckt (Abb. 5).


Grabmal des Bildhauers Xaver Arnold und seiner Ehefrau (5)

Der Bildhauer Bruno Friedrich Emil Kruse war etwas jünger als Xaver Arnold. Er wurde am 1. Juni 1855 in Hamburg geboren und erreichte ein Alter von 80 Jahren. Mit 21 Jahren ging er nach Dresden an die Kunstakademie und studierte dort acht Jahre lang, d.h. von 1876 bis 1884. Er war Meisterschüler bei Professor Johannes Schilling. Letzterer hat auf dem Ohlsdorfer Friedhof die wunderschönen Reliefs auf dem Grabdenkmal Lippert am Kreisel Waldstraße/Kapellenstraße gestaltet.

Bruno Kruse stellte schon 1878 eigene Werke auf den Dresdner Kunstausstellungen aus.1885 zog er nach Berlin und eröffnete ein eigenes Atelier. Ab 1888 arbeitete er in Hamburg und schuf Bildnisbüsten aus Marmor von prominenten Hamburgern, u.a. von Bürgermeister Petersen oder dem Mäzen Gustav Christian Schwabe, die sich im Kaisersaal des Hamburger Rathauses befinden. Es gibt von ihm auch sehr viele Büsten von Bismarck und Kaiser Wilhelm I. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof schuf er mehrere Grabdenkmäler für angesehene Hamburger Familien. Unter anderem war Bruno Kruse um 1900 an der Innen-Ausgestaltung des Mausoleums von Heinrich Freiherr von Ohlendorff, dem Großgrundbesitzer aus Volksdorf, beteiligt, das in der Nähe von Kapelle 7 liegt. Ferner schuf er 1913 die Christus-Figur auf der Grabstätte des Jagdreiters Eduard F. Pulvermann südlich von Kapelle 7 (Abb. 6).


Christusstatue auf der Grabstätte Pulvermann (6)

Die Hamburger Kunsthalle besitzt einige Werke von Bruno Kruse, nämlich Marmor- und Bronzebüsten von Justus Brinckmann, dem Gründungsdirektor des Museums für Kunst und Gewerbe, und von dem reichen Kaufmann und Hamburger Ehrenbürger Gustav Christian Schwabe, der 1886 seine 128 Gemälde umfassende Sammlung mit Werken englischer Künstler der Hamburger Kunsthalle gestiftet hat. Die Kunsthalle besitzt auch eine Bronze-Büste von Georg Friedrich Händel, die Bruno Kruse im Jahr 1902 geschaffen hat.

Unter den Werken von Bruno Kruse auf dem Ohlsdorfer Friedhof sind vor allem die wundervolle Grabstätte der Familie Reimers in der Nähe von Kapelle 1, sowie die Skulptur des sitzenden großen Engels mit einem kleinen Jungen zwischen den Knien auf der Grabstätte Hanssen an der Nebenallee besonders herausragend. Die Gruppe des sitzenden Engels mit Kind, der sehr große Flügel trägt und einen Blumenkranz in der Hand hält, ist die dominierende Figur auf der Grabstätte des Architekten Hanssen, der diese zwölf Meter lange Anlage selbst entworfen hat. Er war Mitglied der Bürgerschaft und des Hamburger Künstlervereins. Die monumentale Grabanlage der verbundenen Familien Laeisz/Meerwein/Canel/Hanssen wurde 1885 gebaut. Der von Bruno Kruse geschaffene Engel wurde im Jahr 1901 hinzugefügt (Abb. 7).


Sitzender Engel mit Kind auf der Grabstätte Hanssen (7)

Einfach wunderschön ist die Gestaltung der Grabstätte Reimers durch Bruno Kruse aus dem Jahr 1896. Das Kunstwerk besteht aus einer gebrochenen Säule, die mit einer Blütengirlande geschmückt ist. Ein kleines Mädchen mit Schmetterlingsflügeln, das symbolisch für die Seelen der Toten steht, hält die Girlande an die Säule (Abb. 8). Den Grabplatz hat der reiche Hamburger Kaufmann Adolf Wilhelm Reimers, er ist 1827 geboren, schon 1887 erworben. Er wohnte An der Alster 54. Er starb im Jahr 1896. Nach ihm sind im Laufe der Jahre noch zehn Familienangehörige dort bestattet worden.


Psyche mit Schmetterlingsflügeln auf der Grabstätte Reimers (8)

Eigentlich hatte Adolf Wilhelm Reimers gedacht, dass das Grab der Familie auf Friedhofsdauer erhalten bleibt. Das ist nach neuerer Gesetzgebung nicht mehr möglich. So fiel die Grabstätte im Jahr 2011 an den Friedhof zurück; wurde aber als kulturell schützenswert eingestuft und erhalten. Inzwischen hat sie einen neuen kulturell interessierten Besitzer.

Fotos H. Boysen

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Der Alte Friedhof in Niendorf (Januar 2023).
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