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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Zweite Europäische Friedhofskonferenz in Murcia (Spanien)

Unter dem Titel "The Cemetery as a place of European memory" ("Der Friedhof als europäischer Gedächtnisort") fand am 6. und 7. März 2020 im spanischen Murcia nach 2018 die Zweite Europäische Friedhofskonferenz statt. Organisiert wurde sie von Klaus Schriewer und Pedro Martinez (beide Universität Murcia) im Rahmen des von der EU geförderten Jean Monnet-Lehrstuhls.


Konferenzleitung: Klaus Schriewer (li.) und Pedro Martinez Cavero. Foto: Norbert Fischer

Die Veranstaltung wurde eröffnet durch einen Vortrag von Norbert Fischer (Hamburg) über Friedhöfe als Schauplätze europäischer Erinnerungskultur. Zugleich wurde die Bedeutung von Gedächtnislandschaften für den Umgang mit Vergangenheit thematisiert. Julie Rugg (York) analysierte, wie die Geschichte der Friedhöfe unterschiedlich interpretiert wird und welche Zugänge damit verbunden sind. Die Haupttopoi und -narrationen sind historisch, genealogisch und konservatorisch orientiert. Daraus leiten sich unterschiedliche Interessen am Friedhof bei den einzelnen Akteuren ab. Im Besonderen ging Julie Rugg auf die Rolle der Friedhofsverwalter ein. J. A. Molina Gómez referierte über Francisco Peña Vaquero als europäisch geprägten Industriellen. Ihm ist auf dem kommunalen Friedhof Murcia ein auffallendes, rund acht Meter hohes Grabdenkmal aus Gusseisen gewidmet – das Material verweist auf sein eigenes Unternehmen, eine industrielle Gießerei.

Der erste Block endete mit einem Vortrag des Landschaftsarchitekten Joachim Jacobs (Berlin) zur Geschichte und Gegenwart jüdischer Friedhöfe in Europa. Dabei ging er nicht zuletzt auf antisemitisch motivierte Zerstörungen sowie auf Erhaltensmaßnahmen ein. Abgeschlossen wurde der erste Konferenztag mit einer Exkursion zum kommunalen Nuestro Padre Jesús-Friedhof in Murcia. Charakteristisch für den Begräbnisplatz sind zahlreiche, nebeneinander liegende Grabkapellen – historische und moderne – sowie die Gedenkstätte für die Internationalen Brigaden, die im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republik und gegen den von Hitler und Mussolini unterstützten Franco kämpften.


Friedhof in Murcia: Memorial für die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg. Foto: Norbert Fischer

Den zweiten Konferenztag eröffnete Jeron Guerst (Den Haag) mit einem Vortrag über die Soldatenfriedhöfe des Ersten Weltkrieges, entworfen vom bedeutenden britischen Architekten Sir Edwin Lutyens. Letzterer wurde bekannt durch seinen Entwurf für den Kenotaph in London, der architektonisches Vorbild für viele weitere Anlagen auf den ehemaligen Schlachtfeldern wurde. Susanne Kitschun (Berlin) stellte anschließend die Gedenkstätte auf dem ehemaligen Berliner Friedhof der Märzgefallenen von 1848 im Kontext der Geschichte europäischer Demokratie vor. Der Schauplatz, der in der Vergangenheit – etwa in der Zeit des Sozialistengesetzes 1878-1890 – immer wieder für politische Demonstrationen genutzt wurde, beherbergt aktuell ein Informationszentrum, das zukünftig als Lernort ausgebaut werden soll. Klaus Schriewer und Pedro Martínez Cavero stellten abschließend ihre historisch-biographischen Studien zum Friedhof von Murcia anhand von zwei Beispielen eingewanderter Europäer vor und setzten so ihr Projekt fort, die lokale und regionale Geschichte mit dem Friedhof anhand von individuellen Lebensgeschichten zu verbinden.


Friedhof in Mazzarón. Foto: Norbert Fischer

Die Konferenz endete mit einer Exkursion zum Friedhof von Mazzarón, einem Ort an der Mittelmeerküste der Region Murcia, der um 1900 eines der Zentren des spanischen Bergbaues war. Entsprechend sind die Gräber des Friedhofs vielfach mit schmiedeeisernen Konstruktionen geschmückt.

Fotos: Norbert Fischer

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friedhof als "Immaterielles Kulturerbe" (Mai 2020).
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