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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

#Regenbogenbrücke - #Tierhimmel - #TrauerumunsereTiere

Mit dem Internet ist die Trauer um verstorbene Haustiere zu einem öffentlichen Phänomen geworden, das sowohl in den sozialen Medien wie auf speziellen Internetportalen, wie z.B. den virtuellen Tierfriedhöfen Raum und seine ganz eigenen Ausdrucksformen findet.


Die im Titel genannten Hashtags – mit Doppelkreuz versehene Schlagworte, nach denen in den sozialen Netzwerken gesucht werden kann – deuten auf eine neue Dimension hin, die die Trauer um geliebte Tiere durch das Internet und speziell durch das Aufkommen und die immense Verbreitung der sozialen Netzwerke gewonnen hat. Unter diesen sind Facebook (seit 2004), der Kurznachrichtendienst Twitter und die Videoplattform Youtube (beide seit 2006), sowie die Bilderplattform Instagram (seit 2010) die bekanntesten. Unter diesen Hashtags findet man teilweise bewegende Geschichten und Bilder, die vom Verlust eines Heimtieres erzählen. Außerdem gibt es auf dem deutschen Facebook-Portal Gruppen mit Namen wie "trauer um mein geliebtes Tier", "Ich-trauer-um-mein-Tier", "mein geliebtes Tier ist gegangen", "Trauer um unsere Tiere". Allerdings werden solche Gruppen nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von Personen ins Leben gerufen, die professionell im Bereich der Tierbestattung tätig sind.


Alle diese Gruppen und die Kennzeichnung von Beiträgen im Internet durch die entsprechenden Hashtags dienen stets dazu der Trauer öffentlichen Raum zu geben sowie Beistand, Mitgefühl und Aufmunterung zu erhalten und zu geben. Als Beispiel sei hier ein Posting und die zugehörigen Kommentare wiedergegeben:

Nicole schreibt am 17. Juli 2012 in einem Katzenforum: "Auch wenn es kein erfreuliches Thema ist. Ich habe es vor ein paar Tagen erleben müssen. Diese Frage ist an euch alle gerichtet. Habt ihr Erfahrungen mit dem plötzlichen Katzentod? Ich suche noch nach für mich plausible Erklärungen, da ich es noch nicht so akzeptieren kann. Die Frage warum. ist zu groß." Sie erhält eine ganze Reihe von Antworten, in denen auf die eine oder andere Art Anteil genommen wird. Da heißt es dann: "Das tut mir so leid das du deinen treuen Gefährten verloren hast!" Auf die Frage nach dem Alter des Tieres antwortet Nicole mit der Erzählung, wie die Katze gestorben ist. Von anderer Seite wird, da die Katze im Haus gehalten wurde, Gift als Todesursache ausgeschlossen und dazu geschrieben: "so wirklich wirst du wohl nie erfahren, warum. es tut mir leid für dich und deinen kater. ich wünsch dir viel kraft. Lg". Und Nicole erzählt auf eine weitere Frage "ich wollte nicht dass er nochmal aufgeschnitten wird. er lag ganz friedlich in seinem kratzbaum in der höhle. dort haben wir ihn auch gar nicht mehr raus bekommen leider wegen der starre .... :-( ". Und sie erhält den Rat: "ich denke, bereite ihm ein schönes grab und lass ihn ruhen."


Instagram-Seite von Kerstin Siegel. Foto K.Siegel

Bilder von Tiergräbern sieht man auf Instagram. Eine Tierliebhaberin postet z.B. Aufnahmen von dem Grab ihrer 2017 gestorbenen Katze, das sie in freier Natur angelegt hat. Im Oktober 2019 schreibt sie zu einer Bilderserie: "Es ist herbstlich geworden bei uns und bei Seelenkater Felix ... R.I.P. `Felix´ Für immer in unseren Herzen ... 6.9.2002 - 27.09.2017". In den Text sind Emojis eingestreut und am Ende stehen eine ganze Reihe zugehöriger Hashtags. Die Steinschichtung über der Grabstelle ist mit einem Kreuz ausgeschmückt. Daneben steht eine bunte Katzenfigur. Außerdem betreibt diese Tierliebhaberin eine eigene Website, auf der sie einen langen Beitrag zum Tod dieses Tieres und eine Reihe von Fotos von der Grabstelle veröffentlicht hat.


Eine weitere Möglichkeit die eigene Trauer um den Tod eines geliebten Tieres im Internet auszudrücken bieten die zahlreichen virtuellen Tierfriedhöfe mit ihrer Möglichkeit persönliche Gedenkseiten einzurichten, die von jedem besucht werden können und wo jeder seine Anteilnahme durch das – virtuelle und meist kostenpflichtige – Anzünden einer Kerze, einen Eintrag in ein Kondolenzbuch oder durch eine Weiterempfehlung der Gedenkstelle ausdrücken kann.


Sehr oft findet man auf solchen Seiten den Glauben an einen Tierhimmel, der durch eine Regenbogenbrücke mit der Erde verbunden ist. An diesem Ort geht es den Tieren paradiesisch gut und sie feiern dort mit ihren Besitzern nach deren Tod ein freudiges Wiedersehen. Diese Vorstellung wird seit den 1980er Jahren in Büchern verbreitet, die von verschiedenen Autoren als Trostschriften für Tierliebhaber veröffentlicht worden sind. Mit dem Internet ist sie rund um die Welt gegangen. Zurückgehen könnte diese Idee auf die Brücke "Bifröst", die schwankende Himmelsstraße der nordischen Mythologie, die als dreistrahlige Regenbogenbrücke die Verbindung zwischen der Erde und Himmel darstellt.


Nicht nur der Tod von Katzen und Hunden, den am engsten mit dem Menschen zusammen lebenden Haus- bzw. Heimtieren, wird im Internet betrauert, sondern auch der einer ganzen Palette anderer Tierarten, die vom Huhn, über das Kaninchen bis zur Echsenart der grünen Wasseragame reicht. Und die Trauer kann auch Tiere betreffen, die nicht das eigene Leben begleiten, sondern durch das Internet bekannt und damit sozusagen zu virtuellen Begleitern geworden sind. Im letzten Jahr starben zwei von diesen tierischen Internetstars. Der Zwergspitz "Boo" galt ab 2009 als der süßeste Hund der Welt und versüßte auf Facebook über 16 Millionen Fans mit "seinen tollpatschigen Kapriolen den Tag", wie es in seinem Nachruf auf "heute.at" am 19.01.2019 heißt. Ihm wurde später von "Grumpy cat", einer Katze mit mürrischem Gesichtsausdruck, sozusagen die Show gestohlen, die im Mai desselben Jahres starb. Ihr widmete u.a. der "Focus" am 17.05.2019 einen Nachruf, in dem es heißt, dass sie auf mehreren Plattformen mit eigenen Accounts vertreten war. Ihre Besitzer betreiben zudem einen Shop mit Fan-Artikeln im Internet. Ein erstes Bild von ihr wurde 2012 veröffentlicht, YouTube-Videos und eine eigene Webseite machten die Katze so bekannt, dass ihr auf Facebook 8,5, bei Instagram 2,4 und auf Twitter 1,5 Millionen Anhänger folgten. Zur Nachricht von ihrem Tod finden sich auf Facebook zurzeit 45 200 Beleidbekundungen; viele davon so ähnlich wie diese: "R.I.P my sweet Grumpy cat. Thank you for making me laugh with every picture I seen".

Zugleich wandert die Trauer um den Tod von Tieren aus den virtuellen Medien auch wieder zurück in die reale Öffentlichkeit, wie gerade bei dem Brand des Affenhauses des Krefelder Zoos in der Silvesternacht. Dort kamen Menschen zum Zooeingang und stellten für die verbrannten Tiere Kerzen sowie Bilder und andere Erinnerungszeichen als Zeichen ihrer Trauer und Betroffenheit auf; Trauerhandlungen, die bisher nur beim Tod von berühmten Persönlichkeiten oder bei Katastrophen und Unfällen mit menschlichen Opfern zu sehen waren.


Insgesamt kann man feststellen, dass die Trauer um einen tierischen Lebensgefährten sich zumindest in den virtuellen Medien ihren festen Platz erobert hat. Aus einzelnen Beiträgen lässt sich zwar herauslesen, dass diese Trauer im persönlichen Umkreis nicht immer akzeptiert wird. Doch lassen sich Beileidsbezeugungen und tröstender Zuspruch im Internet leicht auffinden und werden, wenn man selbst sein Leid veröffentlicht, von ähnlich Betroffenen gern gespendet. Damit erfahren Betroffene, dass sie in ihrem Verlustschmerz nicht allein sind, können ihre Trauer ausdrücken und möglicherweise leichter verarbeiten. Kulturell aber erhält damit die Trauer um Tiere eine höhere öffentliche Akzeptanz und Sichtbarkeit als noch vor wenigen Jahrzehnten. Sie hat sich letztendlich auch auf die Bestattungsgesetze – wie jetzt gerade in Hamburg – ausgewirkt.

Zitierte Internetseiten

- https://www.die-siegel-katzen.de/die-regenbogenbr%C3%BCcke/als-felix-gi…
-https://www.die-siegel-katzen.de/die-regenbogenbr%C3%BCcke/trauerbew%C3…
- https://www.instagram.com/_catha29_animals.love_/
- https://www.instagram.com/p/B68j0NtIS4o
- https://twitter.com/search?q=%23Wasseragamen%20Himmel
- https://www.heute.at/s/boo-der-suseste-hund-der-welt-ist-tot-53850301
- https://www.facebook.com/TheOfficialGrumpyCat/
- https://twitter.com/RealGrumpyCat/status/1129310647458467840

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Mensch-Haustier-Bestattungen (Februar 2020).
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