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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Gemeinsame Mensch-Tier-Bestattungen in Deutschland und Österreich

Das Verhältnis von Mensch und Tier hat in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit gewonnen. Dabei spielt auch die Trauer um verstorbene Haustiere eine immer wichtigere Rolle. Nachdem bereits eine große Zahl spezieller Tierfriedhöfe entstanden ist, dreht sich die aktuelle Diskussion um die Bestattung von Mensch und Tier in einem gemeinsamen Grab.

Gesellschaftlich gibt es einen schon seit längerem zu beobachtenden Trend, toten Tieren eine vergleichbare Aufmerksamkeit zu widmen wie verstorbenen Menschen. Der neueste Trend geht in Richtung gemeinsamer Mensch-Tier-Bestattungen. "Mit Bello ins Grab" titelte das "Hamburger Abendblatt" am 1. November 2019 zu entsprechenden Plänen in Hamburg. Laut einer Umfrage von Aeternitas e.V. befürwortet knapp die Hälfte der befragten Deutschen – darunter vor allem jüngere – ein solches Gemeinschaftsgrab.


Wien, Urnenfriedhof für Mensch-Tier-Bestattungen, Foto N. Fischer

Die gemeinsame Mensch-Tier-Bestattungen – es geht dabei um Haus-, nicht um Wildtiere – kann als miniaturisierte Form des Gemeinschaftsgrabes gelten. In Deutschland, dessen Bestattungsrecht ja Sache der einzelnen Bundesländer ist, ist dies bereits seit Mitte 2015 auf den Friedhöfen Dachsenhausen (Rheinland-Pfalz) und Essen-Fintrop (Nordrhein-Westfalen) möglich. Das hier umgesetzte Konzept unter dem Titel "Unser Hafen" stammt von der Deutschen Friedhofsgesellschaft GmbH. Die Bestattung von Mensch und Tier im gemeinsamen Grab erfolgt dabei ausschließlich als Aschenbeisetzung.

Auch der Hauptfriedhof in Aschersleben (Sachsen-Anhalt) bietet in seinem "Erinnerungsgarten" zwanzig Grabstellen für Mensch-Tier-Bestattungen an. In jedem Grab können je zwei Urnen von Mensch und Haustier bestattet werden. Eine Hamburger Seebestattungs-Reederei bietet seit 2014 eine gemeinsame Seebestattung von Mensch und Tier an (Seebestattungen unterliegen nicht der sonst grundsätzlich üblichen Friedhofspflicht für Bestattungen). Laut Aeternitas e.V. gibt es aktuell 15 Friedhöfe in verschiedenen deutschen Ländern, die Mensch-Haustier-Bestattungen grundsätzlich, allerdings unter verschiedenen Rahmenbedingungen ermöglichen.

In Hamburg stand die gemeinsame Mensch-Haustier-Bestattung bei der Bürgerbefragung im Rahmen des Projektes "Ohlsdorf 2050" auf der Wunschliste. Die hamburgische Bürgerschaft änderte daraufhin am 23. Oktober 2019 entsprechend das Landesbestattungsgesetz mit Wirkung zum 1. März 2020. Aktuell ist die Anlage einer Fläche für gemeinsame Mensch-Haustier-Bestattungen auf dem Ohlsdorfer Friedhof vorgesehen, die Planungen laufen. Dabei können die Tiere nur als Urne beigesetzt werden, nachdem sie zuvor in einem speziellen Tierkrematorium eingeäschert wurden.

In Wien wurde am 21. Juni 2018 die erste Mensch-Haustier-Anlage von den "Friedhöfen Wien" als kommunaler Betreiber eröffnet. Der Urnenhain befindet sich auf dem sogenannten Friedhof Feuerhalle hinter dem Krematorium und damit gegenüber vom Wiener Zentralfriedhof im Gemeindebezirk Simmering. Das großzügige Areal ist in den Urnenfriedhof integriert, liegt aber etwas abseits. Es ist jedoch durch ein überlebensgroßes Denkmal weithin sichtbar und damit leicht zu finden. Ein Urnengrab kann zunächst für zehn Jahre erworben und anschließend verlängert werden. Jedes Grab bietet Platz für acht Urnen. Kremierung und Trauerfeier erfolgen im Wiener Tierkrematorium, das am nahegelegenen Tierfriedhof der "Friedhöfe Wien" liegt.


Wien, Urnenfriedhof für Mensch-Tier-Bestattungen, Foto N. Fischer

Wien, Urnenfriedhof für Mensch-Tier-Bestattungen, Foto N. Fischer

Auch in den Wissenschaften hat das Mensch-Tier-Verhältnis seit einiger Zeit verstärktes Interesse gefunden. Unter dem Stichwort "Human-Animal-Studies" wird es in unterschiedlichen Disziplinen vor allem der Geistes- und Sozialwissenschaften in Geschichte und Gegenwart untersucht. Im Jahr 2019 erschien die Dissertation der Kasseler Volkskundlerin Ulrike Neurath zum Thema "Tier und Tod. Mensch und Tier am Beispiel von Tierbestattungen", die an der Universität Hamburg, Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie, entstanden war (siehe auch deren Beitrag in diesem Heft). Und nicht zuletzt gibt es seit dem Jahr 2009 ein sogenanntes An-Institut für Theologische Zoologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster, das sich als interdisziplinär, ökumenisch und interreligiös versteht.

Dem gestiegenen Interesse für das Thema Mensch und Tier tragen auch die Museen Rechnung. So ist im Bayerischen Nationalmuseum München aktuell die Ausstellung "Treue Freunde. Hunde und Menschen" zu sehen (noch bis 19. April 2020). In Nordrhein-Westfalen läuft 2019/20 ein Veranstaltungs- und Ausstellungsprogramm zu "Mensch und Tier im Ruhrgebiet". Bereits 2017/18 zeigte das Deutsche Hygienemuseum in Dresden die wegweisende Ausstellung "Tierisch beste Freunde".




Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Mensch-Haustier-Bestattungen (Februar 2020).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).