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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Clara Benthien: Muse und Mutter zwischen Moritat und Widerstand.

Autor/in: Rita Bake
Ausgabe Nr. 125, II, 2014 - Juni 2014

Eine Ausstellung auf dem Ohlsdorfer Friedhof im historischen Wasserturm an der Cordesallee.

Der Verein Garten der Frauen e. V. lädt herzlich ein zu einem Besuch der Ausstellung im historischen Wasserturm, dem Dokumentationszentrum des Vereins. Es ist geöffnet im Sommerhalbjahr 2014 sonntags von 14 bis 17 Uhr. In diesem Jahr widmet sich der Verein der Kneipenbesitzerin und Moritatensängerin Clara Benthin (1887–1962), die gegenüber dem historischen Wasserturm ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. Die Ausstellung wurde konzipiert von ihrer Enkelin Dr. Nele Lipp.

Von 1925 bis zur Ausbombung 1944 besaß Clara Benthien in der Hamburger Innenstadt den weltbekannten Künstlerkeller "Tante Clara". Auch bekannt als "Benthiens Weinprobierstube". Sieben Stufen musste man hinabsteigen, um in die Gaststube zu gelangen: ein Raum mit Weinfässern als Tische, Bänke und Schemeln. Clara Benthien war die "Seele" des Ganzen. Für ihre Gäste sang sie mit rauchig-herber Stimme Moritaten. Auch konnte man den Klängen einer Harmonika oder einer Laute lauschen. Bekannte und noch nicht bekannte Menschen waren ihre Gäste: Journalisten, Schriftsteller, Schauspielerinnen und Schauspieler, Malerinnen und Maler. Von vielen nahm sie auch deren Kunstwerke in Zahlung und schmückte u. a. damit die Wände des Lokals.

Während der Zeit des Nationalsozialismus fanden hier auch die in Opposition zum NS-Staat Stehenden einen Ort, in dem sich Gleichgesinnte treffen konnten, so z. B. der Journalist Erich Lüth und seine Freunde. Im Hinterzimmer erfuhren Verfolgte Hilfe. Gästebücher, Briefe, Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die 1944 aus dem von Bomben zerstörten Gebäude gerettet wurden, legen noch heute ein bewegendes Zeugnis dieser beherzten Arbeit der liebevoll "Tante Clara" oder "Mutter" Genannten ab.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Stadtgrün und Friedhof (Juni 2014).
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