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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Kapitän Masson und die Madonna der Meere

Am Hamburger Fischmarkt, gegenüber dem Schwimmdock 11 von Blohm + Voss, steht seit 1985 hinter der Flutschutzmauer die "Madonna der Meere", eine Gedenkstätte für alle auf See Verbliebenen.

Einer der Initiatoren war der Kapitän und Cap Hornier Bernhard Masson. Das weithin sichtbare Bronzemonument des Bildhauers Sihle-Wissel markiert hier den "Platz der Seefahrt": Eine Woge scheint nach einer auf hohem Sockel kauernden Frau zu fassen. Dennoch ist ihr Blick unbeirrt seewärts gerichtet, als wolle er noch hinter den Horizont greifen, und als suche die Frau etwas, was noch kommen müsste. Sie will nicht glauben, dass alles Warten vergebens ist. Die Gedenkstätte ist der Initiative eines eigens dafür gegründeten Vereins und der Cap Horniers zu verdanken. Ihr Anliegen war, den auf See verbliebenen Fischern und Seeleuten eine angemessene Gedenkstätte an herausragender Stelle zu errichten. Starben doch in den vorangegangenen hundert Jahren fast 26.000 Seeleute der deutschen Fischerei- und Handelsschifffahrt den Seemannstod. Für die Inschrift am Sockel wählte man Worte des großen Erzählers der Meere Joseph Conrad (1857-1924):

Der unvergesslichen See,
den Schiffen, die nicht mehr sind
und den schlichten Männern
deren Tage nicht wiederkehren.

Eine kleine Kopie der Madonna steht seit November 2001 in der Kapelle am Kap Horn, der Südspitze Amerikas, 13 Kilo schwer und gestiftet von der Werft Blohm + Voss. Viele der letzten Cap Horniers unter Führung von Kapitän Rudolf Wittenhagen haben sie dorthin gebracht.

Masson war seit der Gründung der deutschen Sektion der "Amicale Internationale des Capitaines au Long Cours Cap Horniers" A.I.C.H. 1955 Mitglied und am Ende seines Lebens auch Generalsekretär dieser Sektion. Ihm wurde 1984 die Cap Horniers-Medaille "Pour le Mérite" verliehen. Nach der Einweihung der "Madonna der Meere" zeichnete er als Herausgeber des gleichnamigen Buches. Seine Idee zur Schaffung einer Erinnerungsstätte der deutschen Cap Horniers führte zur Einrichtung und 1988 zur Einweihung einer ständigen Ausstellung im Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven. Masson starb 1993. Seine Grabstätte hat er sich selbst ausgesucht, und er wird wohl auch auf die Gestaltung des Grabmals Einfluss genommen haben. Näheres dazu hat Albrecht Schreiber ausfindig gemacht. Die A.I.C.H., die exklusivste Vereinigung der Welt, wird sich im Mai 2003 in ihrem Gründungsort St. Malo auflösen. Die deutsche Sektion bleibt noch bestehen und ihr Letzter wird die Flagge mit ins Grab nehmen. Und in welches Grab?

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Grabmalvorschriften (Februar 2003).
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