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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Grabsteine erzählen Geschichten: Der Herr mit dem Hut oder der Marinemaler Christopher Rave

Zu den ungewöhnlichsten Grabmalen auf dem Ohlsdorfer Friedhof gehört sicher das des Marinemalers Christopher Rave (1881-1933).

Nahe der Kapelle IV (Grablage J 14, 378-381) sitzt der Herr auf einem Postament, bekleidet mit Hut und Mantel. Das löst schon ein gewisses Erstaunen aus. Noch mehr Verwunderung ruft dann sein Begleiter hervor – ein großer Vogel – aber nicht etwa ein Rabe, was ja als Anspielung auf den Namen verständlich wäre, sondern ein großer Adler schaut ihm über die Schulter.

Bevor Rave sich der Malerei zuwandte, beschäftigte er sich zunächst als Stukkateur, Stewart und Pantrymann,. Es war eine Riesenaufgabe, die er sich dann stellte: Eine Geschichte der Seefahrt in 300 Ölgemälden, zu der er sich den Stoff in jahrelangen Studien in Museen des In- und Auslandes zusammentrug. Von 1900 bis 1909 arbeitete er an diesem Mammutprojekt. Von Fachleuten wurde seine Arbeit sowohl wegen der technischen Präzision der Darstellung, als auch wegen seiner Komposition sehr gelobt. Als Rave 1913 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, musste er die Bilder verkaufen. Über den Verbleib der meisten ist nichts bekannt, lediglich das Abschlussbild lagert im Magazin der Hamburger Kunsthalle. Auch spätere Arbeiten sind nicht mehr aufzufinden. Ein Großteil davon dürfte sich wohl in den USA befinden, da befreundete HAPAG-Kapitäne sie dort für Rave verkauften.

Die Reisen, die Rave unternahm, waren recht abenteuerlich. 1910 war er an Bord des Fünfmasters "Preußen" der Reederei Laeisz, als dieser vor Dover strandete. Auf der "Peking" erlebte er eine Sturmfahrt um Kap Horn. Den Film, den er damals mit der Handkamera drehte, ist leider verschollen. Von 1912 bis 1913 nahm er als Maler, Fotograf und Kameramann an einer deutschen Arktis-Expedition unter Leutnant Schröder-Stranz teil. Sie scheiterte, und nur wenige Teilnehmer überlebten. Einem von ihnen, dem Ozeanografen Dr. Hermann Rüdiger, rettete Rave das Leben, indem er ihm erfrorene Teile der Füße und Finger amputierte und ihn so vor einer Blutvergiftung bewahrte. Dafür erhielt er später eine Medaille des Hamburger Senats.

Finanziellen Erfolg hatte Rave mit seinen Bildern erst in den ausgehenden 20er Jahren. Dann erkrankte er aber an Kehlkopfkrebs. Als die Krankheit immer weiter fortschritt, setzte er 1933 seinem Leben ein Ende.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Grabmal-Freilichtmuseen (August 2000).
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