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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Dendrologischer Spaziergang auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Mit diesem Spaziergang wird auf Kiefernarten aufmerksam gemacht, die in Fußläufigkeit zueinander stehen und im Winter besonders gut zu betrachten sind.

Beheimatet ist die Nadelgehölzgattung Pinus größtenteils in der nördlichen gemäßigten Zone der Erde. Ihre Arten stellen an ihren Standort in der Regel keine großen Ansprüche und trotzen Wind und Wetter, oft bis hoch an die Baumgrenze der Gebirge. Nach der Zahl der Nadeln an ihren Kurztrieben unterscheidet man die Kiefernarten in zwei-, drei- und fünfnadelige. Interessant sind auch die unterschiedlich geformten Kiefernzapfen. Es sind viele Kulturformen im Handel, insbesondere kleinwüchsige und blaugrüne Formen.

Der Spaziergang beginnt an der Cordesallee in Höhe des Cordesbrunnen. Wendet sich man dem Brunnen zu, so stehen rechts drei Drehkiefern, Pinus contorta, unscheinbar in ihrer Art und nicht allzu groß, aber auffällig beim näheren Hinsehen sind die stark gedrehten dunkelgrünen Nadeln der Kurztriebe. Diese zweinadelige Art hat ihre Heimat an den Küsten des Stillen Ozeans von Alaska bis Kalifornien. Den drei Exemplaren benachbart ist die ähnliche, aber kräftiger wachsende Murraykiefer, Pinus contorta latifolia.

Überquert man die Cordesallee und folgt ihr bis in Höhe von N 13, steht direkt am Bordstein eine Zirbelkiefer, Pinus cembra, auch Arve genannt. Sie hat einen kegelförmigen Wuchs, einen bis zur Spitze durchgehenden Stamm mit in der Jugend graugrüner glatter Borke. Das Exemplar ist noch nicht sehr alt. Erst im fortgeschrittenem Alter bildet es Zapfen aus, die bei ihrer Reife als Ganzes herabfallen. Die 12 cm langen Samen sind eßbar und als Zirbelnüsse bekannt. Die Heimat der fünfnadeligen Zirbelkiefer sind die Alpen, Karpaten und Sibirien. Man erkennt sie auch an ihren büscheligen, weichen und frischgrünen Nadeln.

Eine weitere fünfnadelige Kiefer, aber mächtiger im Wuchs, ist die Weymouthskiefer, Pinus strobus. Zwei eng beieinanderstehende Exemplare mit auffallend waagerecht abstehenden Ästen sind an der westlichen Seite der Ringstraße in H 15 hinter dem Grabmal Guy zu finden. In ihrer Heimat, dem östlichen Nordamerika, kann sie bis zu 50 m hoch werden. Die Borke am geraden Stamm wird erst im Alter runzelig und längsrissig. An den sehr dünnen Trieben sind bis zu 10 m lange, blaugrüne und schmiegsame Nadeln angeordnet, sehr beliebt in der Weihnachtszeit für immergrüne Sträuße.

Fast grazil dagegen wirkt die Blaue Mädchenkiefer, Pinus parviflora glauca, im Grabfeld auf der gegenüberliegenden Straßenseite in H 16 (ein schmaler Plattenweg führt auf das etwa 3m hohe Gehölz zu). Auch sie ist eine fünfnadelige Kiefernart. Ihre steifen und dünnen Nadeln stehen pinselartig gehäuft und oft gedreht an den Kurztrieben. Wie der Name andeutet, sind die Nadeln bläulichgrün und wirken mit ihren weißen Linien oft auch silbriggrün. An den dicht verzweigten Ästen stehen zahlreiche Zapfen, einzeln oder in Büscheln, die in ihrer Reife weit aufspringen. Im Jugendstadium besitzt die Mädchenkiefer einen pyramidalen Wuchs, später einen unregelmäßigen mit flach ausgebreiteter Krone. Die Urform hat in Japan ihre Heimat, die blaue Kulturform ist als Veredlung im Handel.

Wir nehmen den Weg in Richtung Kapelle IV und entdecken hinter ihr in H 20 zahlreiche Zwergkiefern, auch Latschen genannt, Pinus mugo (montana) pumilio. Sie dienen hier der Abgrenzung von Grabreihen, sind etwa 2 m hoch und seitlich aufgeschnitten. In ihrer Heimat, den Gebirgen Mittel- und Osteuropas, erreichen sie mit ihrem strauchigen, niederliegenden Wuchs eine Breite von über 3m. Wie man sieht, kann diese Kiefernart sich hier nicht zur vollen Pracht entfalten. So wird es auch vielen Zwergkiefern in einem Hausgarten ergehen, wenn der Laie beim Kauf einer angebotenen Zwergform ein niedriges Steingartengehölz erwartet. In der Regel sind daher nur veredelte Kulturformen wie "Gnom", "Mops" oder "Mini Mops" dafür geeignet. Die Zwergkiefer gehört zu den zweinadligen Arten mit kleinen, eiförmigen bis kugeligen und fest sitzenden Zapfen.

Zwei weitere zweinadlige Kiefernarten stehen in zahlreichen Exemplaren in der Nähe der Umgebung des Wasserturms an der Cordesallee. Ihr Alter reicht bis in die Anfänge des Friedhofs zurück. Sie waren zusammen mit Laubgehölzen als Waldgürtel am damaligen Rand des Friedhofs entlang der Waldstraße ausgesät oder angepflanzt worden. Es handelt sich zunächst um die Österreichische Schwarzkiefer, Pinus nigra austriaca, beheimatet auf dem Balkan und in Österreich. Sie wächst sehr rasch, ist außergewöhnlich industriefest und in Gärten und Parks schon als junger Baum ein dekoratives Nadelgehölz. Im Alter ist die Schwarzkiefer bei uns ein über 20 m hoher Baum mit geradem Stamm und breiter Krone. Bis dorthin reicht auch die schwarzgraue und tiefrissige Borke, ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal zu den benachbarten Bäumen der Gemeinen Kiefer oder Föhre, Pinus silvestris, deren ebenfalls rissige Borke nach oben hin zunehmend eine rostrote Farbe annimmt, daher auch die gelegentliche Bezeichnung Rotkiefer. Die Föhre ist in Europa und Nordasien beheimatet und gedeiht noch auf sehr kargen, sandigen Böden. Diese Eigenschaft nutzte man vor etwa 200 Jahren zur großflächigen Aufforstung sandiger Böden der Mark Brandenburg. Das weitere Vordringen nach Westen als Forstbaum gab der Föhre dann den Beinamen Preußenbaum. Da der stark lehmige Boden im Bereich der Waldstraße keinen optimalen Standort für die Föhre darstellt, hat der Bestand annähernd sein Höchstalter erreicht.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friedhof und Grabmal in Kunst und Literatur (Februar 2000).
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