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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Domenicas Beisetzung im "Garten der Frauen"

Im alten Teil des Ohlsdorfer Friedhofes beim Wasserturm, nahe der Cordes-Allee, befindet sich der Ort, an welchem Frauen, die Hamburgs Geschichte auf die verschiedensten Weisen mitgeprägt haben, gedacht wird.

Diese, vom Verein Garten der Frauen e. V. gegründete und getragene Gedenkstätte, bietet einerseits Raum zur Bestattung von Frauen und andererseits werden hier alte Grabsteine, die zur Erinnerung an Frauen gesetzt wurden und deren Nutzungsdauer abgelaufen ist, neu aufgestellt.

Seit dem 11. März dieses Jahres ist hier auch Domenica bestattet. Neben dem Grab der ehemaligen Theaterintendantin Gerda Gmelin, ziemlich am Eingang des Gartens, wird bald der 39. Grabstein des Gartens der Frauen stehen, der ihr – ihr bürgerlicher Name war Anita Niehoff (geb. 3. August 1945 in Köln, gest. 12. Februar 2009 in Hamburg) – gewidmet ist.

Entworfen wird das Grabmal von einem ihrer Freunde, dem bekannten Künstler Tomi Ungerer. Nicht nur für ihn war die am 12. Februar im Alter von 63 Jahren verstorbene "bekannteste Hure Deutschlands" Muse und Inspirationsquelle. Nicht selten schmückten sich Protagonisten aus Kunst und Kultur mit der Frau, an deren Seite anderntags ein Photo in der Presse so gut wie garantiert war.

Und dennoch stand Domenica für einen Berufszweig, der mit Begriffen wie schmutzig oder liederlich assoziiert wird, bis heute als gesellschaftlich nicht opportun und unwürdig gilt und trotzdem einen großen Markt bedient. Diese Dialektik aufzubrechen, hatte sich Domenica zur Lebensaufgabe gemacht. Seit Ende der 70er Jahre nutzte sie ihre aufkommende Medienpräsenz als Plattform für ihr Ringen um Anerkennung und Legalisierung der Prostitution.

Domenica Niehoff, die Domina, die Vorkämpferin für die Rechte der Prostituierten, die Streetworkerin, die bis zu ihrem 14. Lebensjahr in einem katholischen Waisenhaus aufwuchs, war eine "Hure bis in ihr großes träges Herz", so der Schriftsteller Wolf Wondratschek, eine Frau, die nur aus Herz bestand, die nur an andere gab und darüber hinaus oft sich selbst vergaß, so der Tenor aus ihrem Freundeskreis.

Domenica hat den Frauen, die ihren Körper – aus welchen Gründen auch immer – verkaufen und dafür diskriminiert werden, ihre Stimme geliehen, für sie ein Stück Würde erkämpft. Diese Frau, für viele Männer die personifizierte Erfüllung ihrer geheimsten Sehnsüchte, für Andere die "Königin der Reeperbahn", für Dritte nichts weiter als eine ordinäre Hure, sagte von sich selbst: "Ich war nicht schön. Ich war schlimmer."

Ihre Freundin Martina de Ridder sagte in ihrer Trauerrede in der St. Pauli-Kirche: "Natürlich warst Du schön. Sehr schön sogar. Dein ebenmäßiges Gesicht, die Melancholie Deines Blickes, die besondere erotische Ausstrahlung [...]"

Schmuckurne
Die rote Schmuckurne für die Asche von Domenica Anita Niehoff wurde gestaltet von der Hamburger Künstlerin Bettina Ulitzka-Allali
Foto: Günter Zint

Domincas Urne ist herzförmig. Geziert mit einer roten Schleife. Anmutig, ebenmäßig und sehr schön.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Katastrophen und Unglücksfälle (Mai 2009).
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