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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Grabstätte Rée auf dem Ohlsdorfer Friedhof - Fehlalarm bei Ruhefrist

Das fuhr in die Glieder: Der Spaziergänger auf dem Ohlsdorfer Friedhof streift die mit zwei eindrucksvollen Monumenten ausgestattete Grabstelle (Z 8, 338-341) des in Hamburg 1815 geborenen und 1891 dortselbst gestorbenen Anton Rée und seiner Angehörigen – versehen mit dem Steckschild, die Ruhefrist laufe Ende 2004 aus, Angehörige mögen sich bitte melden.

Hat man also noch einmal Gelegenheit, jenem legendären Pädagogen der liberalen, für Schüler aller Konfessionen offenen Israelitischen Freischule Hamburgs, die er von 1838 bis 1891 leitete, die Ehre erweisen zu können? Ist es eine letzte Möglichkeit, an dieser Stelle des Gründers der Gesellschaft für soziale und politische Interessen der Juden (1846) und des Vereins für Gewissensfreiheit (1859) gedenken zu können? Und ebenso des gewählten Mitglieds der Hamburger Verfassungsgebenden Versammlung (1848-1850), des Mitglieds der Hamburger Bürgerschaft (1859-1871) und des Deutschen Reichstages (1881-1884)? In dunklen Ahnungen sieht man das Abräumteam des Friedhofs an der Arbeit – und im Hintergrund den Bagger fürs Plattmachen.

Grabstätte Ree
Grabstätte Rée (Foto: Schreiber)

Aber: Fehlalarm, zum Glück. Wie Lutz Rehkopf von der Friedhofsverwaltung auf Anfrage dazu mitteilte, handelt es sich hier um eine prominente Persönlichkeit der Hamburger Geschichte. Das zentrale Grabmal, laut Denkmalschutzamt Hamburg ein erhaltenswertes Einzelexemplar, ist darüber hinaus so filigran und handwerklich bemerkenswert gearbeitet, dass allein aus diesen Gründen eine Entfernung vom Friedhof nicht in Frage kommt. Käme je eine Patenschaft in Betracht, dürfen die Inschriften weder beseitigt noch ersetzt werden; der Pate darf in diesem Falle lediglich liegende Steine vor das Grabmal setzen.

Wie für die weiteren Prominentengräber hat der Ohlsdorfer Friedhof in der Zukunft auch in diesem Falle für die Pflege aufzukommen. Die Stadt Hamburg hält sich allerdings mit den Entschädigungen für diesen Beitrag zu ihrem Renommee weitgehend im Hintergrund. Der Aufwand, so Rehkopf, stehe in keinem Verhältnis zur Vergütung, aber „das wird der Friedhof schon irgendwie schaffen“.

Bleibt die Frage, warum denn überhaupt der Hinweis auf den Ablauf der Ruhefrist angebracht wurde. Ganz einfach: Reine Routine. Die Gärtner, die in ihrem Revier diese Termine zu kontrollieren haben, walten nämlich ohne Berücksichtigung möglicher Meriten der Beigesetzten ihres Amtes. Danach prüft die Friedhofsverwaltung die Gräber in Bezug auf öffentliches Interesse zum Erhalt, künstlerische Gestaltung des Grabmals und auf den Ensembleschutz. Das alles wird im Falle Anton Rée positiv ausfallen.

Wer sich für die Grabstätten von Hamburgern „mit Namen“ interessiert:
www.friedhof-hamburg.de/ohlsdorf/prominente/index.htm

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Begraben im Abseits (November 2004).
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