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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Das "Flamarium" und die Humanisierung der Technik

Anm. d. Red.: Der folgende Text wurde uns vom Feuerbestattungsförderverein e.V. Halle (Saale) zur Verfügung gestellt, der in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Feuerbestattung das Konzept des "Flamariums" entwickelt hat. Eine beispielhafte Anlage wurde in Braubach bei Koblenz errichtet. Der Bitte um Abdruck des Beitrags kommen wir gern nach.

Im Jahre 2000 wurde im Rahmen eines Symposiums zum Wandel der Bestattungskultur in Halle (Saale) erstmals das Flamarium vorgestellt. Seither besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass mit dem Krematorium die einst zivilisatorisch notwendige Technisierung der Feuerbestattung, mit dem Flamarium dagegen die nun kulturell anstehende Humanisierung eben dieser Technik der Bestattung verbunden sind. Das Krematorium stellte die technische Machbarkeit in den Mittelpunkt, mit dem Flamarium wird die technische Machbarkeit ethischen Ansprüchen unterworfen. Welchem konkreten ethischen Anspruch will das Flamarium in einer Zeit raschen kulturellen Wandels genügen? Im Ergebnis der Diskussion kam man zu dem Ergebnis, dass in weiten und unterschiedlichen Kreisen Übereinstimmung darüber besteht, dass es die wesentliche Besonderheit des Menschen und seiner irdischen Materie ist, Träger von Unsterblichkeit zu sein. Zu Zeiten, als die Kultur noch wesentlich von den Kirchen geprägt wurde, gehörte der Gedanke der Unsterblichkeit zu den Grundüberzeugungen. Auch aufgeklärte Philosophen von Spinoza bis Evola wussten, dass im Menschen etwas ist, was unsterblich ist. Neurophysiologen wie Michael Schröter-Kunhardt (Heidelberg) behaupten, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod biologisch vorprogrammiert ist. Die irdische Materie des Menschen ist danach Träger von etwas Einzigartigem in der Natur. Sie hat Anspruch darauf, in jeder Phase mit besonderer Achtung behandelt zu werden. Sie hat Anspruch auf Würde. Ihr wird im Flamarium u.a. dadurch entsprochen, dass die Technik durch ein spezielles Verfahren gezwungen wurde, die Asche jedes Toten vollständig und unvermischt seiner Urne zuzuführen. Darüber hinaus werden weitere adäquate architektonische, technische und organisatorische Lösungen angestrebt, die speziell mit Bezug auf den Gedanken der Unsterblichkeit allen religiösen und weltanschaulichen Bedürfnissen der Gestaltung des Umgangs mit dem Tod entsprechen. So bekommt der Wandel der Bestattungskultur mit seiner Orientierung an einem ethischen Grundbedürfnis den Namen Flamarium. Es wird im Laufe der Jahre sicher noch eine ganze Reihe neuer Erscheinungen geben. Das Flamarium ist jedoch der erste geschützte Markenname, der einen wesentlichen Aspekt dieses Wandels, der Unterordnung von Technik und Organisation unter die ethischen Ansprüche der Zeit, dem Trend zur Humanisierung der Feuerbestattung deutlich macht. Er ist nicht zuletzt auch eine besondere Würdigung der verantwortungsvollen Tätigkeit der in diesem sensiblen Bereich der Totenfürsorge Beschäftigten.

Kontakt: Feuerbestattungsförderverein e.V., Landrain 25, 06118 Halle, Tel. 0345/5208225

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft 125 Jahre Krematorien in Deutschland (November 2003).
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