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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Nah und Fern - zwei neue Museumssteine

Seit Mitte Mai zählt die Grabsteinsammlung vor dem Friedhofsmuseum nunmehr 30 Grabmale.

Zwei Exemplare sind hinzugekommen, gute Beispiele von der Vielfalt der Motive und Handwerkskunst der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Es ist einmal der Grabstein KRUSE aus dem Jahr 1939 mit einer Naturlandschaft, wie sie – idealisiert oder konkret dargestellt – nicht selten auf dem Ohlsdorfer Friedhof vorkommt: ein Weg führt durch einen bewegten Hintergrund, vorbei an Bäumen und Findlingen, und die Sonne scheint. Solche Darstellungen deuten häufig auf die norddeutsche Landschaft und oft speziell auf die Lüneburger Heide mit ihren Hügeln, Wacholdern und Findlingen hin. Vergleiche sind angesagt mit ähnlichen noch am Platz stehenden Grabmalen aus dieser Zeit, wie das von NISPEL (1938) in AF 27, das als Patenschaft angeboten wird. Die dargestellte Sonne kann als Symbol der Auferstehung gedeutet werden – 1939 sicher auch als (noch) festen Glaubens an Zukunft und Fortschritt. Diese Naturlandschaft ist die zweite (STÄCKER) in der Sammlung vor dem Museum. Zur Kategorie der Landschaftsbilder zählt auch die Darstellung der Hafenansicht auf dem in der Nähe stehenden Grabmal SCHÜMANN.

Als Kontrast zu diesen Heimatbildern gilt der zweite Grabstein KOBERSTEIN, der durch seine erhabene Antiqua-Schrift (noch keine Fraktur) und die wenigen noch stehenden Grabmale vom Standort beim Ausgang Bramfelder See vermutlich aus dem Jahr 1936 zu datieren ist. Zwischen den sechs Büchern zeigt ein vollplastischer Globus deutlich Afrika mit Madagaskar in seiner Mitte. Wir wissen nichts von W. Koberstein – ob er Afrikaforscher war, ob er und seine Frau vielleicht dort gelebt haben. Sicher ist, dass Afrika Jahrzehnte lang von großer Bedeutung für die Kolonialpolitik Deutschlands war und durch in Hamburg ansässige Kaufleute und Reeder, auch mit ihren Gräbern auf dem Ohlsdorfer Friedhof, belegt ist. Das Thema Globus, das in der Sammlung der Museumssteine uns schon beim Stein SCHÜMANN begegnet, ist auf dem Friedhof mehrmals vertreten. Keine Darstellung aber ist so plastisch und Afrika so zentral herausgestellt, wie bei dieser Neuerwerbung.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Kind und Tod (August 2001).
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