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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

"Historische Friedhöfe" – eine Tagung in Kassel

Eingeladen vom Bund Heimat und Umwelt, der das Jahr 2015 zum Jahr des historischen Friedhofs ausgerufen hat, und der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal kamen im Juni Denkmalpfleger, Friedhofsverwalterinnen, Gartenarchitekten, Wissenschaftlerinnen und Menschen, die sich für Friedhöfe engagieren, in Kassel zusammen. Zwei Tage lang waren Vorträge über den Umgang mit historischen Friedhöfen zu hören, auf die jeweils lebhafte Diskussionen folgten. Dabei wurden beeindruckend viele Ideen und Erfahrungen aus der Praxis ausgetauscht. Auch wenn oft kaum Geld für die Erhaltung dieses Kulturerbes vorhanden ist, so wurde an einer ganzen Reihe von Beispielen deutlich, dass man sich trotzdem erfolgreich für die Erhaltung dieses Kulturerbes einsetzen kann.

Organisiert hatten die Tagung Frau Dr. Inge Gotzman, Geschäftsführerin des BHU, Prof. Dr. Reiner Sörries, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal und Direktor des Museums für Sepulkralkultur, Prof. Dr. Norbert Fischer und die Verfasserin. Die Vorträge waren in sechs Blöcke unterteilt, die jeweils einer der Organisatoren moderierte. Vom "Engagement und Umgang mit historischen Friedhöfen" ging es zu der Frage, wie man die Bedeutung der Friedhöfe nach außen vermitteln kann, und weiter zu gartenarchitektonischen und architektonischen Möglichkeiten der denkmalgerechten Friedhofsgestaltung, sowie zu den Sonderthemen "Jüdische Friedhöfe", "Kriegsfriedhöfe" und "Grüfte".

Kassel
Reiner Sörries eröffnete die Tagung in Kassel mit der Aufforderung "Vergesst die Torbauten nicht!" Foto: B. Leisner 2015

Reiner Sörries führte mit der Aufforderung, die Bedeutung der Toranlagen von historischen Friedhöfen nicht zu übersehen, in das Tagungsthema ein. In seiner Keynote über den Friedhof in der Landschaft definierte Hansjörg Küster dann die geistesgeschichtlichen Grundlagen der Friedhöfe und brachte in diesem Zusammenhang eine Reihe interessanter Beispiele für die Begriffe "Landschaft", "Natur", "Kultur" und "Idee". Eine intensivere Erforschung historischer Friedhöfe und Grabmale mahnte John Ziesemer aus München mit dem Fazit seiner Ausführungen über die Forschungen zum Südfriedhof an: "Man kann nur schützen, was man kennt!".

Wie das bürgerschaftliche Interesse an dem kulturellen Erbe geweckt werden kann, zeigte das Beispiel Osnabrück, aber auch die intensive Diskussion nach der Vorstellung des Heidefriedhofs in Dresden, der als Ort der Erinnerung an die Bombenangriffe von 1945 besondere Bedeutung hat. Die Denkmalpflege stand im Mittelpunkt, als es zum einen um Bewertungs- und Handlungsstrategien zur Pflege, Instandhaltung und Nutzung ging und zum anderen um die langfristige Planung gartenarchitektonischer Eingriffe in die historische Substanz.
Der Blick auf jüdische Friedhöfe in Hessen und in Brandenburg zeigte die Besonderheiten auf, die im Umgang mit diesem in Deutschland speziell geschützten Erbe zu beachten sind, während die Kriegsfriedhöfe als ein weiteres eigenes Kapitel gerade zur Zeit neue Fragen für den Umgang mit der hier verorteten Erinnerung an das Grauen des Krieges und der Gefangenschaft aufwerfen. Nicht zuletzt lenkte die Tagung den Blick auf die wissenschaftlich und praktisch oft vernachlässigten Gruftbestattungen, deren Bedeutung als reiche Quelle der Sepulkralkultur immer noch nicht angemessen wahrgenommen wird. Alle Vorträge der Tagung sollen bis zum Ende des Jahres in einer Publikation des BHU veröffentlicht werden.
Ein ausführlicher Tagungsbericht ist zu finden unter: http://friedhofsfreunde.blogspot.de/2015/06/tagungsbericht-historische-…

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Der tote Körper (August 2015).
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